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IGeL-Report 2018: Häufig angebotene IGeL widersprechen medizinischen Empfehlungen und können schaden

Jeder Zweite bekommt beim Arztbesuch Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) angeboten, die privat zu bezahlen sind. Der IGeL-Monitor hat in einer repräsentativen Umfrage erstmals die Top 10 der meistverkauften IGeL ermittelt. Fazit: In den Praxen werden häufig Früherkennungsuntersuchungen wie Ultraschall, Augeninnendruckmessung und Ähnliches verkauft. Viele der Topseller widersprechen Empfehlungen medizinischer Fachverbände, weil ihr Schaden den Nutzen überwiegt. Auch die neue Bewertung „MRT zur Früherkennung von Brustkrebs“ erhält von den Wissenschaftlern des IGeL-Monitors die Bewertung „tendenziell negativ“. 

IGel sind gut bekannt und sie werden auch oft in Anspruch genommen. Zu den häufigsten angebotenen und angenommen Leistungen gehört die Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung. Diese Leistung wurde jedem fünften Versicherten (22 Prozent), der mit IGeL beim Praxisbesuch in Kontakt kam, angeboten und landete auf Platz 1 der Top 10-Liste. Die zweithäufigste und bei den Frauen (30 Prozent) am meisten angebotene Leistung war der Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung. Weitere Topseller sind der Ultraschall des Bauchraums und der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern. Die Top 10-Liste wurde im Auftrag des MDS vom Marktforschungsinstitut aserto durch eine repräsentative Umfrage bei 2.072 gesetzlich Versicherten ermittelt. Die Liste deckt über die Hälfte aller angebotenen Leistungen ab (53 Prozent). Die Top 10 werden von Leistungen angeführt, die vom IGeL-Monitor als „negativ“ oder „tendenziell negativ“ bewertet worden sind. Beim Ultraschall der Eierstöcke handelt es sich sogar um eine Leistung, von der die Fachgesellschaft der Frauenärzte abrät, da in Studien kein Nutzen gezeigt werden konnte und es durch Überdiagnosen zu erheblichen Schäden kommen kann. „Unser Fazit ist: Die IGeL-Angebote orientieren sich nicht am nachgewiesenen medizinischen Nutzen, sondern an den Vorlieben einzelner Arztgruppen und an den Umsatzinteressen der Praxen. Zum Teil werden Patienten unter Druck gesetzt, damit sie solche Leistungen annehmen. Das ist nicht hinnehmbar“, fasst Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS, die zentralen Ergebnisse zusammen.

Patienten wünschen nur selten von sich aus IGeL – das Vertrauensverhältnis zum Arzt leidet 

In der Umfrage wurden die Patientinnen und Patienten auch gefragt, ob sie selbst IGeL nachgefragt haben. Nur bei vier Prozent der erbrachten IGeL ging die Initiative von Patienten aus. „Wenn Ärzte IGeL anbieten, dann geschieht das nur in seltenen Fällen auf Wunsch der Patienten“, sagt Dr. Christian Weymayr, freier Medizinjournalist und Projektleiter des IGeL-Monitors. Nur 68 Prozent der Befragten sind mit der Reaktion des Arztes oder der Ärztin zufrieden, wenn sie eine IGeL angeboten kommen und diese auch annehmen. „Mehr als jeder dritte Patient gab sogar an, dass er sich bedrängt oder unter Druck gesetzt fühlte. Das bestätigt sich auch in den Zuschriften, die wir von Nutzerinnen und Nutzern des IGeL-Monitors erhalten“, erläutert Weymayr.

Bewertungen des IGeL-Monitors sind oft im Einklang mit medizinischen Leitlinien

Ein häufiges Argument für IGeL ist, dass sie in den Arztpraxen als medizinisch notwendig empfohlen werden. Wenn man aber die Bewertungen des IGeL-Monitors mit den Leitlinien, also systematisch entwickelten wissenschaftlichen Handlungsempfehlungen für Ärzte und Patienten vergleicht, kommt man zu einem anderen Schluss. „Die Bewertungen des IGeL-Monitors sind oft im Einklang mit nationalen und internationalen Leitlinienempfehlungen. Dagegen raten sie von den IGeL, so wie sie in der Praxis angeboten werden, eher ab“, sagt Dr. Michaela Eikermann, Leiterin des Bereichs Evidenzbasierte Medizin beim MDS. Eikermann verdeutlicht am Beispiel Ultraschall zur Eierstockkrebs-Früherkennung, dass das Wissen um mögliche Schäden und den geringen Nutzen seit Langem bekannt sind. Diese Erkenntnis wird aber zu wenig in der Praxis umgesetzt. „Wissen und daraus abgeleitete Empfehlungen, die aus aufwändig entwickelten evidenzbasierten Leitlinien resultieren, kommen in der Arztpraxis nicht an. Wir sehen ein großes Potenzial zur Bereinigung des IGel-Marktes und zum Schutz der Patientinnen und Patienten vor unnötigen und schädlichen Leistungen. Das vorhandene Wissen muss in die Versorgung gebracht werden – hier sehen wir die medizinischen Fachgesellschaften und Fachverbände in der Pflicht.“

Neue Bewertungen MRT zur Früherkennung von Brustkrebs und Osteopathie bei Kreuzschmerz

Auch die jüngste Bewertung des IGeL-Monitors, die Magnetresonanztomographie zur Früherkennung von Brustkrebs sieht das Wissenschaftlerteam eher kritisch. Die Experten konnten keine Hinweise für einen Nutzen aber Hinweise für Schäden durch die mit der Untersuchung verbundenen Nebenwirkungen in den Studien finden. Daher bewerten sie die Leistung, die Frauen ohne stark erhöhtes Brustkrebsrisiko ergänzend oder alternativ zur Mammographie angeboten wird, als „tendenziell negativ“.
Die zweite neue Bewertung ist die Osteopathie bei Kreuzschmerz, bei der eine systematische Recherche und Analyse durchgeführt wurde. Zehn randomisierte kontrollierte Studien wurden auf Nutzen und Schaden unter die Lupe genommen. Insgesamt war die Qualität der Studien schlecht. Nur aus einer methodisch besseren und größeren dieser Studien konnten erste Hinweise abgeleitet werden, nach denen die Patienten durch die Therapie weniger Schmerzen und mehr Beweglichkeit erzielten. Die Studien sagten aber nichts über die Entwicklung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und die Arbeitsunfähigkeit der Patienten aus. Hinweise auf Schäden konnten in den Daten ebenfalls nicht gefunden werden. Daher bewertet der IGeL-Monitor diese Leistung mit unklar.

Die vollständige Pressemitteilung und weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite des MDS.

Direkt zum IGeL-Monitor.

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